Ich hatte das Vergnügen ein kleines Interview mit Robert Kaiser zu führen. Robert war in früheren Zeiten für das Projekt “Mozilla deutsch” zuständig und gehört jetzt zu SeaMonkey-Entwicklergruppe. SeaMonkey ist wie schon viele wissen der Nachfolger der Mozilla Websuite, deren Entwicklung zu Gunsten von Firefox und Thunderbird eingestellt wurde.
- Hallo Robert, vielen Dank das du dir die zeit genommen hast auf meine Fragen zu antworten.
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Die Zeit nehme ich mir gerne, auch wenn ich eigentlich mit Arbeit – auch für SeaMonkey – ziemlich überfüllt bin.
- Was war dein erster Rechner und was hast du hauptsächlich damit gemacht?
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Der erste Rechner, mit dem ich viel gearbeitet habe, war der 8086er (Bj. 1984, wenn ich mich richtig erinnere – stolze 12 MHz, 640K RAM, 20MB-Festplatte, 360K-Floppy, CGA-Grafik) meines Vaters, den ich als Kind immer wieder für Spiele nutzte (die damals noch von Diskette zu booten waren). Später hab ich dann mit GW-BASIC die ersten Programmierversuche auf diesem Gerät gewagt.
- Du hast jahrelang an dem Projekt “Mozilla deutsch” gearbeitet, was war genau deine Aufgabe und wie kam es dazu?
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Als “alter” Netscape-Fan hatte ich mir ein paar frühe Mozilla-Milestones (M5 und folgende) runtergeladen und fand die XML-basierte Benutzeroberfläche faszinierend. Um zu überprüfen, ob ich diese Wunderwelt verstanden hatte, probierte ich daran rumzuschrauben, besonders am CSS (daraus wurde später das LCARStrek-Theme) und an den Menütexten, die ich einfach auf deutsche Entsprechungen umschrieb und beobachtete, wie Mozilla diese dann verwendete.
Da mir diese Übersetzungsarbeit Spaß machte, fragte ich bei dem für Übersetzungen zuständigen Teamleiter im Mozilla-Projekt an, ob das für Deutsch schon wer anderer machte, bzw. was ich tun könnte, dass auch andere von miner Arbeit profitieren. Als Antwort wurde ich als erster “Contributor” für das deutsche Mozilla-Übersetzungsprojekt eingetragen – so schnell kann das bei OpenSource gehen…Am 01.01.2000 brachte ich dann erstmals eine komplett übersetzte Mozilla-Version raus und seither versorge ich die deutsche Community mit “lokalisierten” Versionen der Suite – ob früher als “Mozilla” oder jetzt als “SeaMonkey”. Zu finden sind diese übrigens unter www.seamonkey.at
- Was hast du empfunden als im März 2005 die Mozilla-Foundation (MoFo) erklärt hat, dass sie die Weiterentwicklung von Mozilla zugunsten von Firefox und Thunderbird stoppen will?
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An sich hatte man das schon im April 2003 erklärt, aber es war nie klar, wann das auch wirklich durchgezogen werden würde, da viele in der Community hinter der Suite standen. Als im März 2005 erklärt wurde, dass die MoFo keinen fertigen Mozilla 1.8 mehr rausbringen wollte, hat sich sehr schnell eine Gruppe mit der Forderung gebildet, die Suite als neues, eigenständiges Projekt mit infrastruktureller Unterstützung der MoFo, aber einem unabhängigen Team, weiter zu führen.
Als dann – nur Stunden später – die MoFo den “Transition Plan” für die Suite veröffentlichte, in dem sie explizit sowohl das Ende der Mozilla-Suite-Entwicklung bekanntgab, aber gleichzeitig diese Pläne für ein eigenständiges Projekt unterstütze, war das für uns als Suite-Unterstützer eigentlich ein freudiges Ereignis. Endlich wussten wir genau, wie wir dran waren und auch, dass ein neues Projekt auf den vollen Rückhalt durch die MoFo zählen konnte.
Wir wussten aber auch, dass viel vor uns lag, um das Projekt zu organisieren, einen neuen Namen zu finden und schließlich wirklich Releases zu machen.
- Mittlerweile gehörst du einer Entwickler-Gruppe die sich um das SeaMonkey-Projekt (dem Nachfolger von Mozilla) kümmert. Welche Unterstützung bekommt ihr von der MoFo und stimmt es das die MoFo darauf bestanden hat, dass der jetzige SeaMonkey nicht “Mozilla” im Namen haben durfte?
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Das neue Projekt steht zwar unter den Fittichen von mozilla.org und wird legal von der MoFo getragen, aber diese wollte auch, dass bei eventuellen Fehlschlägen auf unserer Seite der Markenname “Mozilla” nicht leidet – und dass man klar unterscheiden kann, welche Suite von der MoFo direkt rausgegeben und supported wird und welche vom neuen, eigenständigen Projekt kommt. Daher wurde es notwendig, komplett auf “Mozilla” im Namen und Logo zu verzichten.
Andererseits stellt die MoFo dem SeaMonkey-Projekt eine große Menege an Infrastruktur zur Verfügung, von Webseiten und Wiki über Download-Platz bis zu Entwickler-Ressourcen wie CVS-Server, Bug-Datenbank und Testmaschinen.
Waren früher noch viele auch bei der MoFo skeptisch, ob das Projekt überlebt, ist spätestens seit dem Erscheinen von SeaMonkey 1.0 eines klar: Wir sind gekommen, um zu bleiben… - Was ist deine Aufgabe im SeaMonkey-Projekt?
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Ich beschäftige mich stark mit Projektmanagement, aber auch mit Webseiten, Erstellen von Releases, und sogar ein bisschen mit der Entwicklung, hauptsächlich im Bereich von Benutzeroberfläche, Code-Struktur und Lokalisierungen – und natürlich nach wie vor mit der deutschen Übersetzung.
- Wie kann man das SeaMonkey-Projekt unterstützen und vor allem wie kann die Unterstützung aussehen, wenn man kein Programmierer ist?
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An besten unterstützen kann man uns, in dem man SeaMonkey verwendet und anderen weiter erzählt, was SeaMonkey ist – und diese Software natürlich weiterempfiehlt.
Wer noch mehr beitragen will, kann intensivere Tests durchführen (“Smoketests” – besonders von noch nicht offiziell erschienenen Versionen) und/oder Fehler an uns zurück melden (Bugzilla).
Das Projekt kann man nicht direkt finanziell unterstützen, aber man kann an die MoFo oder Mozilla Europe spenden und dort dazusagen, dass man SeaMonkey unterstützen will – man unterstützt damit die Infrastruktur, die wir mitnutzen und macht durch den psychologischen Effekt der MoFo klar, dass sie SeaMonkey in Entscheidungen mitberücksichtigen muss.
Natürlich kann man ev. SeaMonkey-Entwickler persönlich unterstützen, dazu sollte man allerdings diese direkt kontaktieren…
- Was dürfen wir kurz- und mittelfristig von SeaMonkey erwarten?
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Kurzfristig wird es regelmäßig weitere Sicherheitsupdates zu SeaMonkey 1.0 geben, Ende Mai oder Anfang Juni wird das nächste davon mit SeaMonkey 1.0.2 erwartet.
Gleichzeitig versuchen wir, einige neue Funktionen in dieses bewährte Produkt einzuarbeiten. Diese Version wird unter dem Titel SeaMonkey 1.1 im Herbst erwartet.
Mit einem etwas längerfristigen Blickwinkel arbeiten wir derzeit allerdings daran, in zukünftigen Versionen von SeaMonkey mehr von der für Firefox und Thunderbird völlig überarbeiteten Entwicklungsplattform zu verwenden, um in den Genuss von Dingen wie dem neuen Add-On Manager (oder auch “Extension Manager”) oder automatischen Updates zu kommen. Diese Dinge benötigen aber viel Arbeit von unserem doch eher kleinen Team und eine in dieser Art überarbeitete Version erwarten wir daher erst im ersten Halbjahr 2007 – mit einer Versionsnummer von 1.5 oder noch höher, um den deutlichen Sprung zu 1.0 und 1.1 klar zu machen.
- Wie schaut es mit einem neuen Standard-Theme aus? Mir persönlich gefällt “Mostly Cristal small“, gibt es Planungen ein schon bestehendes Theme als Standard einzubauen?
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Wir arbeiten derzeit an neuen Icons für ein neues Standard-Theme. Wir werden aber dazu nicht ein bestehendes Theme übernehmen, der Plan ist derzeit, auf der Basis des aktuellen “Modern”-Themes neue Icons zu erarbeiten (allerdings mit mehr Farbe und mit neu erstellten Vektorgrafiken, aus denen die Icons generiert werden).
Wenn dieses Projekt weiter so fortschreitet wie in den letzten Wochen, ist bald damit zu rechenen, dass man konkrete Ergebnisse sehen kann. Wir hoffen auch, SeaMonkey 1.1 eventuell mit diesem überarbeiteten Theme ausliefern zu können.
- Und wie schaut es mit weiteren Implementation von “Webstandards” aus (Stichwort CSS, Acid-Test etc.)?
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Das liegt beim Mozilla-Team, wir verwenden die selbe Gecko-Rendering-Engine wie Firefox und warten daher auch in diesem Bereich mit den gleichen Funktionen wie dieser auf.
Besonders für Gecko 1.9, der als Basis für unsere nächstjährige Version fungieren wird, sind da größere Verbesserungen geplant – allerdings wird im gleichen Zug dann auch die Unterstützung für ältere Betriebssysteme wie Win9x fallen gelassen, um diese neuen Implementationsverbesserungen machen zu können.
Jedenfalls ist es ein großes Ziel des Mozilla-Projektes, die Standards auch korrekt zu implementieren – und möglichst weitgehend (soweit sinnvoll). Acid2 funktioniert angeblich in aktuellen Entwicklerversionen mittlerweile, aber für diese Dinge bin ich der falsche Ansprechpartner.
- Vielen Dank für deine Zeit.
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Wie schon oben gesagt, gerne. Es ist mir durchaus wichtig, das Wort zu SeaMonkey verbreiten zu können 😉
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